Das LSG Schleswig hat entschieden, dass ein Notarzt, der im Auftrag des Kreises im öffentlichen Rettungsdienst tätig ist, in der Regel sozialversicherungspflichtig ist.

Übernehme ein Arzt nebenberuflich regelmäßig Bereitschaftsdienste im Rahmen des öffentlichen Rettungsdienstes des Kreises, führe er diese Notarzttätigkeit in der Regel nicht in selbstständiger Tätigkeit aus, sondern es liege eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor, so das Landessozialgericht.

Geklagt hatte ein 45-jähriger Arzt, der hauptberuflich in einer eigenen Praxis tätig ist. Nebenher übernimmt er für verschiedene Auftraggeber Bereitschaftsdienste als Notarzt. Einer dieser Auftraggeber ist der Kreis Nordfriesland, der den öffentlichen Rettungsdienst im Kreisgebiet sicherstellt. Der Arzt erhält hierfür ein festes Honorar pro Bereitschaftsstunde und pro Einsatz. Er ist in einen Schichtplan eingebunden und wird angefordert, wenn ein Notruf eingeht und die Rettungsleitstelle entscheidet, dass ein Notarzt neben dem Rettungswagen erforderlich ist. Der Kreis stellt hierfür ein Notarztfahrzeug zur Verfügung. Vor Ort trifft der Arzt alle medizinischen Entscheidungen eigenständig. Mit einem sog. Statusfeststellungsantrag wollte er bei der Deutschen Rentenversicherung Bund feststellen lassen, dass diese Notarzttätigkeit im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit erfolgte. Diese ging jedoch vom Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung aus.
Das sah das SG Schleswig in erster Instanz anders und ordnete die Tätigkeit des Arztes als selbstständig ein.

Das LSG Schleswig hat dieses Urteil im Berufungsverfahren aufgehoben.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist der Arzt so in die Organisationsstruktur des vom Kreis zur Verfügung gestellten Rettungsdienstes eingebunden, dass die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung überwiegen. Denn letztlich unterliege der Notarzt der fachlichen Aufsicht des ärztlichen Leiters des Rettungsdienstes. Er sei fest in den Schichtplan eingebunden und könne einzelne Aufträge innerhalb seiner Schicht nicht ablehnen. Er greife über das Notarztfahrzeug auf die Sachmittel des Kreises zurück. Dass der Arzt vor Ort hinsichtlich der medizinischen Fragen keine Weisungen des Arbeitgebers erhalte, sei in der Therapie- und Behandlungsfreiheit eines jeden Arztes begründet und somit als grundsätzlich für eine selbstständige Tätigkeit sprechendes Merkmal nicht schwer zu gewichten.

Das Landessozialgericht folgt damit einer Linie des BSG. Das BSG hatte am 04.06.2019 (u.a. B 12 R 11/18 R) für in Krankenhäusern tätige Honorarärzte entschieden, dass die besondere Qualität der ärztlichen Heilkunde eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht ausschließe. Aufgrund des hohen Grades der Organisation in einem Krankenhaus, hätten die dort tätigen Ärzte keinen eigenen unternehmerischen Einfluss und seien in die dortigen Betriebsstrukturen und Abläufe eingebunden. Zu den Notärzten gebe es bislang noch keine Entscheidung vom BSG. Zu dieser Frage seien derzeit zwei Revisionen aus anderen Ländern dort angängig.

Gericht/Institution:Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Erscheinungsdatum:17.09.2020
Entscheidungsdatum:16.09.2020
Aktenzeichen:L 5 BA 51/18

Im vorliegenden Fall hat das Landessozialgericht die Revision nicht zugelassen.

Quelle: Pressemitteilung des LSG Schleswig v. 17.09.2020 – JURIS